Ein Elevator Pitch ins 1.576 Stockwerk 😅
Seit 2011 bin ich Mitglied von Choch3, ein von der Kreativwirtschaft Austria initiiertes Coachingformat, das österreichische UnternehmerInnen der Kreativszene in ihrer Weiterentwicklung, in der Vernetzung und bei Kooperationen unterstützt.
Während des Coachings im Jahr 2011/2012 wurden wir beauftragt, den sogenannten Elevator Pitch zu trainieren, bei dem man kurz, aber gekonnt, auf den Punkt bringt, was man arbeitet. Und zwar so, dass eine Aufzugfahrt genügt, um eine*n potentielle*n KundIn oder KooperationspartnerIn für sich zu gewinnen.
Betrachtet man die nachfolgenden Absätze, wünsche ich mir definitiv einen Wolkenkratzer, der Zeit für Erklärungen zulässt, um auf die mir oftmals gestellte Frage, was ich eigentlich mache, beziehungsweise was für eine Art Bilder ich mache, zu antworten. 😜
Grundlegende Definitionen
Es gibt viele Arten zu malen. Neben Bezeichnungen, wie jene der Gegenständlichen Malerei, gibt es auch die Abstrahierte oder die Abstrakte Malerei. Während bei der abstrahierenden Kunst Gegenständliches auf das Wesentliche reduziert wird, handelt es sich bei der abstrakten – oder auch gegenstandslosen – Malerei um eine Kunstform, welche sich autonom malerischer Medien bedient und welcher völlig losgelöst vom Realismus Raum eingeräumt wird. Farbe, Form, Textur und die Gesamtkomposition des Werkes treten in den Vordergrund und drücken hierbei Gefühle, Stimmungen und Ideen der oder des Kunstschaffenden aus.
Die Freie Malerei geht noch ein Stückchen weiter und kann – aber muss sich nicht – an traditionelle Regeln, Techniken und Strukturen halten. Malt man „frei“, so kann die Darstellung gegenständlich, abstrakt oder eine Mischung aus beidem sein. Die Vielfalt an Malmedien, Materialien und Techniken sowie das subjektive Vertrauen in den Entstehungsprozess bieten Zugang, sich völlig losgelöst von Konventionen zu entfalten. Die Spontanität und das spielerische Experimentieren sind zentrale Faktoren des individuellen Ausdrucks. Schließlich kommunizieren Werke der Freien Malerei oftmals keine klare oder eindeutige Botschaft und können von unterschiedlichen BetrachterInnen auf verschiedene Weisen interpretiert werden.
Die Frage „Was stellt dieses Werk dar?“ kann dahingehend beantwortet werden, dass es sich bei meinen Arbeiten vorwiegend um Abstrakte und Freie Malerei handelt. Ich verfolge nicht das Ziel, etwas Gegenständliches abbilden zu wollen. Vielmehr möchte ich frei von Gedanken in Fluss kommen, mich beim Malen von Impulsen leiten lassen, den Augenblick genießen und dem Unbewusstem undiktiert – oft auch emotional – die Chance geben, sich spontan und frei zu entfalten.
Assoziationen und subjektive Interpretation
Manchmal offenbaren sich mir allerdings zufällig Objekte, die sich im Arbeitsprozess in meinen Gedanken visuell verankern. Diese prägen dann häufig den finalen Titel der Arbeit. Assoziiere ich einmal ein Gemälde mit einem Objekt oder Lebewesen, bekomme ich diese Idee nicht mehr aus dem Kopf. 😁
Ein Beispiel für so ein Bild ist das Werk „Tiefsee-Leuchten“, in welchem ich links unten die Umrisse eines Anglerfisch-Weibchens sehe. 🐟 Rechts oben trägt sie ihr Leuchtorgan an der Angel vor sich her. Ein Phänomen, das in der Natur übrigens als Biolumineszenz bezeichnet wird. 😊
An diesem Beispiel lässt sich gut erkennen, dass Bilder mit eigenem Erlebten, Gelernten oder Wissen assoziiert werden. In meinem Fall war es wohl die Liebe zum Tauchsport und der (vor allem tropischen) Unterwasserwelt. Wobei kein Taucher je in die Tiefen des beheimateten Anglerfisches vorgedrungen ist.
Embrace Diversity 🥰
Meist treffe ich bei meinen Ausstellungen auf Leute, die der Freien Abstrakten Malerei gegenüber offen sind. Viele sprechen dieser Ausdrucksform auch ihre Leidenschaft aus. Hin und wieder treffe ich jedoch auch auf Menschen, die mit Gemälden dieser Art nicht viel anfangen können. Ich denke hierbei speziell an eine Begegnung bei einer meiner Ausstellungen, bei welcher mit bestimmter Direktheit der Sinn abstrakter Arbeiten hinterfragt wurde. Diese Dame war Befürworterin des Gegenständlichen und hat sich mit der abstrakten Kunstform sichtlich unwohl gefühlt.
Auch diese Momente finde ich für beide Parteien wichtig, um mehr Bewusstsein für die Diversität in unserer Welt zu schaffen. Man stelle sich vor, alle würden das Gleiche machen. Wo stünden wir, würden wir mit Scheuklappen durchs Leben gehen, den Fokus stets eng halten und vom Erfahrungsspektrum anderer nicht profitieren dürfen? Ich weiß nicht, ob ich die Idee gehabt hätte, die Noppen auf meiner Haarbürste zu erfinden. Aber ohne sie hätte ich sicherlich ein ziemlich kratzbürstiges Leben. 😅
Warum Bilder nicht NICHT kommunizieren können
Der österreichisch-amerikanische Psychotherapeut und Kommunikationstherapeut Paul Watzlawick sagte einst: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Was hier der zwischenmenschlichen Kommunikation galt, lässt sich auch auf die Kommunikation zwischen Bild und RezipientInnen umlegen. 🧐 Denn ein Kunstwerk kommuniziert immer mit seinen BetrachterInnen. Selbst wenn es sich um eine nackte Leinwand handelt (hier ein Beispiel, unter anderem kürzlich bei CBS NEWS). Es kann berühren, langweilen, zum Nachdenken anregen, inspirieren, aufregen, verbinden, Fragen aufwerfen und vieles vieles mehr.
„Meine Kunst ist mein Leben“
Und mit dieser Aussage meine ich: „Meine Kunst IST mein Leben.“ Denn alles, was sich auf einem Bildnis zeigt, offenbart nicht nur Eigenschaften, wie Spontanität, Sicherheit, Zögerlichkeit, Entschlossenheit, Verletztheit, Emotion und Weichheit in der Ausführung, um nur einige zu nennen, sondern trägt die Handschrift dieses einen Menschen, der genau dieses eine Leben lebt oder gelebt hat. Kunst geht – davon bin ich überzeugt – weit über den visuellen Aspekt hinaus. Kunst ist Ausdruck der menschlichen Seele, eine Reflexion des Lebens. Keine andere Schöpferin oder anderer Schöpfer hat dieselben Gedanken, Gefühle oder Erfahrungen erlebt, die sich schließlich im Arbeitsprozess in einem Werk zu manifestieren beginnen. So trägt auch jedes meiner Werke meine persönliche Geschichte in sich.
Betrachtet jemand eines meiner Kunstwerke, taucht dieser jemand automatisch in meine persönliche Lebenswelt ein. Auch dann, wenn sich die Bedeutung des Werks der- oder demjenigen nicht vollkommen zu offenbaren scheint.
Lesen Sie auch den Betrag Top-Frage Nummer 1: „Wie lange brauchst du für so ein Bild?“.